What is love? Liv Strömquists Comic über den Ursprung der Liebe

Cover von Liv Strömquist: Der Ursprung der Liebe

Mit „Der Ursprung der Liebe“ knüpft Liv Strömquist an ihr erfolgreiches Konzept an, Kulturphänomene anhand von Comic-Essays zu erkunden. Das klappt außerordentlich gut.

Was haben Tim Allen in „Hör mal, wer da hämmert“, Jerry Seinfeld in „Seinfeld“, Ray Romano aus „Alle lieben Raymond“ und Charlie Sheen in „Two and a Half Men“ gemeinsam? Abgesehen davon, dass sie die vier bestbezahlten Fernseh-Comedians der letzten Jahre waren, weiß sind und eine Vorliebe für zu große Hemden besaßen. Genau, alle vier sind genervt davon, dass Frauen ihre Nähe suchen. Warum eigentlich? Und warum erkennen sich so viele Menschen in diesem Szenario wieder?

Warum wollen Frauen mit Männern zusammen sein, die eine emotionale Distanz wahren? Um die Frage zu beantworten, bezieht sich Strömquist auf die Psychologin Lynne Layton. Bild: Liv Strömquist | avant-verlag

Liv Strömquist macht diese Viererbande – bestehend aus Allen, Seinfeld, Romano und Sheen – zum Auftakt ihres neuen Comic-Essays „Der Ursprung der Liebe“, der im Februar im avant-Verlag erschien. Eingeteilt in kurzen, meist unzusammenhängenden Episoden verwendet Strömquist verschiedene Studien, historische Quellen und aktuelle Beispiele aus der Medienwelt, um der Frage nachzugehen, was es mit der Vorstellung von Liebe eigentlich auf sich hat.

Bild: Liv Strömquist | avant-verlag

Dabei geht sie, ganz ähnlich wie in ihrem Vorgänger „Der Ursprung der Welt“ (hier geht’s zur Rezension), diskursanalytisch vor. Sie zeigt dabei nicht nur eindringlich, wie diverse Konzepte, vorne voran Heteronormativität, Heirat und Monogamie, unsere Idee von „Liebe“ formen, sondern nimmt sie so weit auseinander, bis sie in all ihrem Irrsinn deutlich werden. Sie zeigt, wie die „Hetero-Störung“ uns zwingt, uns in ‚weiblich’ und ‚männlich’ einzuordnen – und welche Konsequenzen dies mit sich bringt (Stichwort: Frauen nerven). Oder führt uns vor Augen, wie absurd es ist, dass wir mit Freunden stets versuchen, Kontakt zu halten – aber sobald das Konstrukt der Beziehung an Stelle einer Freundschaft tritt, wir uns nach deren Ende höchstens noch auf eine verkrampfte Tasse Kaffee treffen.

Spannend an „Der Ursprung der Liebe“ ist zudem Strömquists Ansatz, nicht nur deskriptiv-analytisch vorzugehen – sondern auch selbst stärker künstlerisch aktiv zu werden, als es noch bei „Der Ursprung der Welt“ der Fall war. Einzelbilder ohne Text zeigen surreale Fantasieszenarien, tragische Biopics von prominenten Frauenfiguren wie Whitney Houston oder Lady Di enden in düsteren Einsamkeitsfantasien. Mit ihrem einfachen Stil und vermeintlich simplen Schwarz-Weiß-Flächen schafft sie einen Comic, der im Tragischen das Komische aufspürt, dabei aber an Tiefe nicht verliert. Ein Comic, der einen zum Lachen bringt, zum Reflektieren anregt – und sich zumindest ein Stück weit einer Antwort auf Haddaways Frage „What is love?“ annähert.

Liv Strömquist: Der Ursprung der Liebe. avant-verlag, 2018; 136 Seiten; 20 Euro.