Stars*, Geflüchtete* und Animal Print

Das 13. Gallery Weekend trumpft mit Hollywoodgrößen, Ernsthaftigkeit und Dolby-Surround-Ästhetik.

Habt ihr euch gestern schon den gesamten Tag gefragt, warum noch mehr komplett schwarz gekleidete, hippe Kids durch Berlin laufen? Richtig – es ist wieder Gallery Weekend. Alle wichtigen Ausstellungen des Frühjahrs werden auf dieses Wochenende gelegt. Die Restaurantküchen laufen auf Hochtouren und die Kaffeemaschinen glühen, wenn tausende Berliner_innen und Tourist_innen von Galerie zu Galerie pilgern. Die Auswahl ist gut und die Auswahl ist groß und verpassen möchte man nichts so recht. Eine kleine Entscheidungshilfe:

KOW in Mitte // Brunnenstraße 9, 10119 Berlin
Candice Breitz – Love Story

Die in Berlin ansässige Künstlerin hat für ihre Videoinstallation keine Geringeren als die Hollywoodikonen Alec Baldwin und Julianne Moore an Land gezogen. Vor einem Greenscreen platziert, schlüpfen die beiden in die Rollen von sechs geflüchteten Menschen, die zuvor in Interviews ihre Geschichten erzählten. Es ist ein wenig absurd, die beiden Schauspielgrößen als Träger_innen dieser dramatischen Biografien zu sehen, umso interessanter sind die Brüche, wenn sie zwischen den Rollen wechseln, oder in ihrer Rolle über sich selbst als Moore oder Baldwin reden. Eine Etage tiefer sind die Originalinterviews in voller Länge zu sehen. Eine definitiv interessante und sehenswerte Arbeit, die allerdings ein wenig Zeit in Anspruch nimmt.

Galerie Michael Fuchs // Auguststraße 11-13, 10117 Berlin
Behind the Screen / An Art Tribute to Isabelle Huppert

Noch eine Hollywoodgröße. Diesmal schmückt sie die Wände der Galerie Michael Fuchs in Mitte – die großartige Isabelle Huppert: gezeichnet, fotografiert, gefilmt. Christian Jankowski hat eine Reihe von Zeichnungen geschaffen oder von Pariser Straßenkünstler_innen schaffen lassen, die Huppert in verschiedenen Rollen zeigen, auch humoristisch als Karikatur. Marco Brambilla präsentiert eine Art Setzkasten in denen Huppert in verschiedenen Filmrollen aufflimmert, bedeutende Sätze spricht und wieder verschwindet – eine durch und durch schöne Arbeit. C’était moi et c’était pas moi. Roni Horn zeigt 100 fotografische Portraits der Huppert, verteilt auf zwei Wände. Eine imposante Arbeit, die die wahnsinnig vielseitige Schauspielerin zeigt, die mit dem einen Ausdruck wirkt wie ein junges Mädchen, mit dem anderen wie eine alte Frau. Eine ästhetische Hommage, die da ist und schön ist, man bei Zeitdruck aber auch weglassen kann.

Galerie Sprüth Magers // Oranienburgerstraße 18, 10117 Berlin
Pamela Rosenkranz – She has no mouth

Die schweizerisch-deutsche Künstlerin Pamela Rosenkranz hat die Räume der Galerie Sprüth Magers mit einer Dolby-Surround-Ästhetik bespielt, die von Duft, Ton, Pheromonen, über Licht, hin zu Farben alles an ästhetischem Potential ausschöpft. Pamela Rosenkranz beschäftigt sich mit der Frage nach der Beziehung zwischen Mensch und Katze sowie Instinkten, die im menschlichen Körper verankert scheinen. Katzenlaute vermischen sich mit den Eindrücken scheinbarer Close-ups des Fells von Raubkatzen, ein süßlicher Geruch schwirrt durch die Luft – irgendwie ist das doch ein wenig seltsam, aber auch unterhaltsam und definitiv sehenswert.

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Ausstellungsansicht „She has no mouth“, Galerie Sprüth Magers

Otto Piene – Light Ballet

Zum Schluss das ästhetische Highlight des gestrigen Tages. Otto Pienes Light Ballet entpuppt sich als grandioses Fest der Sehorgane. Bereits in den 1950er Jahren experimentierte Otto Piene mit den Ausdrucksformen und Möglichkeiten des Lichteinfalls. Was in den 1950ern manuelle, handbetriebene Vorrichtungen waren, sind jetzt in der Galerie Sprüth Magers, als Nachlass Otto Pienes, maschinell betriebene Universumscréateure. Light Ballet ist eine durch und durch ästhetische Lichtparallelwelt, die man gar nicht mehr verlassen möchte. Unbedingt hin!

Titelbild: Ausstellungsansicht Otto Piene „Light Ballet“, Copyright: Galerie Sprüth Magers, Berlin